Das Land der riesigen Müllberge
Von Jürgen Kisters, 20.07.09, 11:14h
Roswitha Heckmann zeigt kritische Kunst im Lenauforum. Die Ehrenfelder Künstlerin verbindet Malerei und Collagetechnik, um zu zeigen, wie bedrohlich die Konsumkultur ist.

Künstlerin Roswitha Heckmann (Bild: Kisters)
NEUEHRENFELD - Roswitha Heckmann will nicht einfach nur Bilder malen. Sie hat eine Botschaft. Und die ist eindeutig. Will heißen: Irgendetwas in der modernen Gesellschaft stimmt nicht. Es wird zu viel Müll produziert. Massen von Touristen bevölkern allzu tölpelhaft die schönsten Landschaften. Zwischen dem Verlangen von Erotik und Sexualität ist der Erziehung der Kinder in ziemliche Schieflagen geraten. Die Pinguine im Packeis werden ebenso wie die Kühe in den Alpen von Flugzeugen und anderen Apparaten modernster Technik in Angst und Schrecken versetzt. Und der Planet und die Menschen erscheinen gleichermaßen bedroht. Das alles setzt die 1962 in Ehrenfeld geborene und dort lebende Künstlerin in einer Verbindung aus Malerei und Collagetechnik im neu gegründeten Lenauforum in Szene.


Dort, wo der Alltag zwischen Supermarkt, Café, Bäckerei, Videothek, Waschsalon und Kneipe seinen ganz gewöhnlichen Gang geht, sollen die Passanten mit den harten Fakten vom Zustand unserer postmodernen Konsumkultur konfrontiert werden. Heckmann bringt ähnlich wie einst die Maler des ausgehenden Mittelalters, Bosch oder Bruegel, ihre Verwirrung über eine kulturelle Umbruchsituation auf Leinwand und Papier. Abgründe tun sich auf, in denen die Wirklichkeit unseren schlimmsten Träumen ähnlich erscheint. Das Bild von der Flucht der Kühe aus dem Land der riesigen Müllberge durch das namenlose Meer verströmt wenig Zuversicht. Auch die auf dem Plastikschutt der Wegwerfgesellschaft stehenden Nonnen erwecken nicht den Anschein, dass sich mit frommen Gebeten die Misere überwinden lässt. Und die kopflosen Frauen auf dem Ruderboot, das der Arche Noah ähnelt, haben das Rudern bereits aufgegeben, während ihre Köpfe als unerreichbare Fantasien am schwarzen Himmel schweben.

Ganz konkret hat Heckmann auch die Widersprüche der sommerlichen Urlaubseuphorie im Sinn, bei der Wunsch und Realität weit auseinanderklaffen. „Man sollte sich besser um die Umwelt kümmern, als achtlos in Urlaub zu fahren“, sagt sie. Noch nie hat eine Künstlerin an diesem Kunstort im Herzen Neuehrenfelds ernüchternder ihre Ratlosigkeit über den Zustand der Gegenwart anschaulich gemacht. Dass sie dennoch oder gerade deswegen nicht aufgegeben hat, an die Menschen und an das Leben zu glauben, zeigt die Poesie ihres sanften Farbauftrags. Die Aussicht liegt in etwas, das bereits im Gange ist, wir aber noch nicht kennen. Genauso so hatten auch die apokalyptischen Maler des ausgehenden Mittelalters vor über 400 Jahren in schönster Malerei Kritik und Hoffnung miteinander verknüpft.
Lenauforum, Lenauplatz 3, Do 16-19 Uhr, bis 24.7.